Orfeo und Euridice haben ein langes Leben miteinander verbracht und sind gemeinsam alt geworden. Nun ist Euridice gestorben. Orfeo findet sich alleine in seiner Wohnung wieder, isoliert sich von seiner Umwelt. Nur sein erwachsener Sohn Apollo versucht, Kontakt zu dem zunehmend unzugänglichen Mann zu halten.
Eine alte Melodie beginnt durch Orfeos Kopf zu spuken und versetzt ihn zurück in seine Jugendzeit. Längst verstorbene Freunde treten auf und feiern die Hochzeit von Euridice und Orfeo. Doch der Schleier des Alterns legt sich über alles, aus der Feier wird eine Trauerprozession. Orfeos Wohnung verwandelt sich in die Unterwelt, wird für ihn zur Hölle. Die engen Räume weiten sich zu einer endlosen Landschaft, vor der sich der gebrechliche Mann hilflos wiederfindet. Der Fluss Styx beginnt die Wohnung zu fluten. An seinem Ufer sitzt ein verlorener Taucher, den die Schiffsbesatzung wohl für tot gehalten hat. Auf der Suche nach einem Ausgang singt Orfeo in die Leere, doch nur das Echo antwortet. Wird ein Schiff kommen und ihn über die Wasserfluten übersetzen?
Orfeo als der ewige Mythos des Alterns – auf den 60 Quadratmetern der Wohnung nebenan und in der inneren Unendlichkeit der Einsamkeit.
Regie: Maria Chagina
Bühnen- und Kostümbild: Anna Agafonova
Dramaturgie: Sören Sarbeck
Maria Chagina und Sören Sarbeck arbeiten seit ihrem Studium an der Theaterakademie August Everding in München zusammen, wo sie gemeinsam die Oper Einladung zur Enthauptung entwickelten. Für L’Orfeo stößt die Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Agafonova zu ihrem Team dazu. Gemeinsam suchen sie nach einem Musiktheater, das an alltägliche Erfahrungen anknüpft und am Übergang von Schauspiel und Oper angesiedelt ist.
Anna Agafonova absolvierte die Moscow Art Theatre School und arbeitete in verschiedenen Theatern in Russland, darunter das Gogol-Zentrum und das Moskauer Youth Theatre. Derzeit lebt und arbeitet sie in Israel.
Maria Chagina inszenierte nach ihrem Diplom an der Moskauer GITIS Orffs Der Mond in Jakutsk und einen Abend über Carola Neher für die Menschenrechtsorganisation Memorial in Moskau, bevor sie nach Deutschland emigrierte. Sie ist Stipendiatin der Akademie Musiktheater heute.
Dramaturg und Librettist Sören Sarbeck ist nach einem Volontariat an der Bayerischen Staatsoper aktuell am Theater Lübeck engagiert.
Photos (c) Susanne Hassler-Smith